"Die größte Leistung ist, sich selbst treu zu bleiben in einer Welt, die einen immerfort zu verändern sucht." Ralph Waldo Emerson

Anderer Sternenstaub

Montag, 28. November 2011

Kleines Weihnachtsspecial


Eine Mädchen.de Userin hat mich auf die Idee gebracht, mir innerhalb der Weihnachtszeit irgendetwas besonders für den Blog auszudenken. Vielen Dank hierfür nochmal :)
Jedenfalls habe ich mir jetzt gedacht, ich poste jetzt jeden Advent entweder ein Weihnachtsoutfit oder eine Weihnachtsgeschichte.
Und da der 1. Advent erst einen Tag her ist, fange ich jetzt gleich mal mit ihm und einer Geschichte an.
Viel Spaß :)


Weihnachtsmusik ertönte von allen Seiten. Kindergeschrei. Der Geruch nach gebrannten Maronen. Die Welt war bunt geschmückt, voller Lichterketten und Kerzen.
„Hey, nicht so hastig junge Dame“, sagte ein älterer Herr mit freundlichem Lächeln, gegen den Amelie gerade gerannt war.
„Entschuldigung“, murmelte sie nur.
Sie wollte schnell hier weg. Nicht auffallen. Sie hatte gedacht, es wäre vielleicht eine gute Idee hierher zu kommen. Es war Zeit vergangen. Fünf Jahre. Aber sie hatte sich getäuscht. Wenn sie all die lachenden Menschen sah, die fröhliche Weihnachtsstimmung, dann schnürte es ihr den Hals zu. Sie konnte es nicht ertragen. Früher mochte sie Weihnachtsmärkte. Mit ihm war sie immer hier gewesen. Sie waren von Stand zu Stand geschlendert. Sie hatte noch genau das Bild vor Augen. Sie mit ihm zusammen. Beide eine heiße Tasse Glühwein in der Hand, sie küssten sich. Die Vorweihnachtszeitwochen, waren mal die schönsten ihres ganzen Lebens gewesen. Aber jetzt nicht mehr. Nicht nach dem, was geschehen war.
Starr wie Stein stand Amelie jetzt da. Starrte den Stand mit den Zimtwaffeln an. Die Tränen liefen ihr in Strömen die Wangen herab, aber sie gab keine Töne von sich, weinte still. An dieser Stelle war es geschehen.
Er war mitten auf dem Weihnachtsmarkt erstochen worden. Vor hunderten von Menschen. Ihr Freund, Aamun. Die Tat hatte rassistische Hintergründe gehabt und der Mörder saß lebenslang im Knast. Noch immer war es Amelie unbegreiflich, wie ein Mensch zu solch einer Tat fähig war. Aamun hatte seinen Mörder nicht einmal gekannt. Er war ihm bloß zum Opfer gefallen, weil er nicht seiner Wunschhautfarbe entsprach. Amelie hatte Aamun geliebt. Dass er dunkelhäutig war, hatte für sie keine Rolle gespielt. Nie.
Sie konnte einfach nicht mit der Tat abschließen. Ihre Therapeutin hatte ihr geraten, endlich wieder einen Fuß auf den Weihnachtsmarkt zu setzen, früher habe sie ihn doch auch so geliebt. Die letzten fünf Jahre war Amelie nicht einmal in die Nähe eines solchen Marktes geraten, sie hatte es nicht aushalten können. Doch jetzt hatte sie sich entschieden, es zu versuchen. Ihm zu Liebe. Er hätte nicht gewollt, dass sie wegen ihm darauf verzichtete. Aber sie hatte feststellen müssen: Es würde nie mehr so sein, wie es mal war.
Doch trotzdem fühlte sie sich jetzt befreiter. Aamun wusste nun, dass sie es probiert hatte. Dass sie ihm näher hatte sein wollen. Es würde noch ein langer Weg sein, bis sie vollkommen über die Sache hinweg gekommen war, aber der erste Schritt war getan.
Sie atmete tief ein. Wischte sich die Tränen weg. Behutsam legte sie eine weiße Rose vor den Zimtwaffelstand. Niemand bemerkte sie.
„Eine fröhliche Adventszeit wünsche ich dir, Aamun“, flüsterte sie.
Dann ging sie davon, ohne sich ein letztes Mal umzudrehen.

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